Directus – Die API-First-Datenbank-Schicht für Inhalte

Deine Datenbank bleibt deine Datenbank – nur mit besserer API

9 Minuten
Directus – Die API-First-Datenbank-Schicht für Inhalte
#Directus #Headless CMS #API #SQL

Nachdem wir mit Strapi im letzten Artikel ein klassisches, selbst gehostetes Open-Source-Headless-CMS betrachtet haben, das seine eigene Datenbankstruktur verwaltet, widmen wir uns nun einem System, das einen fundamental anderen Ansatz verfolgt: Directus.

Stellen Sie sich vor: Sie haben eine bestehende PostgreSQL-Datenbank mit Produktdaten, die seit Jahren läuft. Verschiedene Legacy-Systeme greifen darauf zu. Jetzt wollen Sie eine moderne Website oder App bauen, aber die Datenbank neu aufsetzen? Unmöglich. Mit Directus installieren Sie einfach eine Schicht über Ihrer Datenbank – und innerhalb von Minuten haben Sie eine automatisch generierte REST- und GraphQL-API, samt modernem Admin-Interface. Ohne die Datenbankstruktur auch nur anzurühren.

“Directus macht aus deiner Datenbank ein CMS – nicht umgekehrt.”

Directus versteht sich nicht nur als Headless CMS, sondern als “Datenbank-zu-API”-Plattform. Es setzt sich wie eine Schicht über deine bestehende SQL-Datenbank, ohne deren Struktur zu verändern, und macht daraus sofort eine nutzbare REST- oder GraphQL-API – samt Admin-Interface. Das ist der größte Unterschied zu Strapi, Contentful oder anderen: Bei Directus gehören die Daten dir, nicht dem CMS.

Entstehungsgeschichte

Directus wurde 2004 (!) als internes Projekt einer US-amerikanischen Agentur gestartet. Damals war Headless noch kein Begriff, aber die Idee, strukturierte Daten unabhängig vom Frontend zu verwalten, war schon vorhanden.

2011 wurde das Projekt als Open Source veröffentlicht, und 2017 erfolgte ein kompletter Rewrite in Node.js, um moderneren Architekturansprüchen gerecht zu werden.

Heute ist Directus ein international genutztes Open-Source-Projekt mit einem klaren API-first-Fokus.

Fokus & Philosophie des Anbieters

Directus verfolgt einen einzigartigen Ansatz:

  • API-first für jede SQL-Datenbank: Directus legt sich wie ein Mantel um eine bestehende Datenbank – ohne Lock-in, ohne proprietäres Schema
  • Datenhoheit: Alle Daten bleiben in der eigenen Infrastruktur
  • Keine Blackbox: Du siehst und verwaltest deine Daten direkt in der SQL-Datenbank
  • Zero-Lock-In-Architektur: Wenn Directus einmal entfernt wird, bleibt die ursprüngliche Datenbankstruktur intakt

Technische Basis

💻 Programmiersprache / Frameworks

  • Backend: JavaScript / Node.js
  • Admin-Interface: Vue.js
  • API-Typ: REST und GraphQL, automatisch generiert auf Basis der Datenbankstruktur

🏠 Hosting

  • Self-Hosted: Docker, Node.js, beliebige Cloud-Provider
  • SaaS-Variante: Directus Cloud für sofort einsatzbereite gehostete Instanzen

Preisgestaltung: Datenhoheit hat ihren Preis – oder auch nicht

Directus verfolgt ein ähnliches Modell wie Strapi: Open Source First, Cloud Optional.

Self-Hosted (Kostenlos)

Community Edition:

  • Kostenlos unter Open-Source-Lizenz
  • Voller Funktionsumfang ohne Einschränkungen
  • Aber: Unternehmen mit über 5 Mio. USD Jahresumsatz müssen eine Lizenz erwerben
  • Unterstützt PostgreSQL, MySQL, MariaDB, SQLite, MS SQL, CockroachDB
  • Ideal für: Startups, Agenturen, KMUs mit eigener Infrastruktur

Self-Hosted-Kosten:

  • Hosting: 6-50 USD/Monat (je nach Server und Traffic)
  • Wartung: 50-200 USD/Monat (intern oder extern)

Directus Cloud (Managed Hosting)

Starter Plan:

  • Ab 15 USD/Monat
  • Für kleine Projekte mit geringem Traffic
  • Pay-per-use Infrastruktur-Preise
  • Über 15 globale Deployment-Regionen wählbar

Professional Plan:

  • 99 USD/Monat
  • Mehr Ressourcen, höhere API-Limits
  • Erweiterte Features und Support

Business Plan:

  • 499 USD/Monat
  • Für größere Projekte mit hohem Traffic
  • Premium-Support, SLA

Enterprise Cloud:

  • Ab 15.000 USD/Jahr (jährliche Zahlung)
  • Maßgeschneiderte Lösungen
  • Dedizierter Support, Custom SLAs
  • Typischer Preisbereich: 1.200-6.000 USD jährlich (Durchschnitt: 3.600 USD)

Besonderheiten: Zero Lock-in

Das ist der entscheidende Unterschied zu SaaS-CMS wie Contentful:

Wenn du Directus entfernst, bleiben deine Daten intakt.

Deine Tabellen, Relationen, Inhalte – alles liegt in deiner SQL-Datenbank, nicht in einem proprietären Format. Directus fügt nur Meta-Tabellen hinzu (für Benutzer, Rollen, Workflows), aber die eigentlichen Inhalte bleiben unangetastet.

Das bedeutet:

  • Keine Vendor-Lock-in-Gefahr
  • Einfache Migration zu anderen Systemen möglich
  • Bestehende Datenbanken können integriert werden ohne Migration

Anforderungen

Technisches Wissen

  • Grundkenntnisse in Datenbankdesign (MySQL, PostgreSQL, SQLite, MariaDB, CockroachDB etc.)
  • Basiswissen in Hosting und API-Anbindung

🖥️ Hardware / Hosting-Voraussetzungen

  • Node.js (LTS-Version)
  • SQL-Datenbank
  • Für kleine Projekte reichen 1–2 GB RAM

Konzept & Architektur

Headless-only

Directus liefert keine Templates oder Frontend-Funktionalität

🗃️ Besonderheit

Nutzt vorhandene Datenbankschemata statt eigene anzulegen

Workflow-Tools

  • Rollen- & Rechteverwaltung
  • Dateiverwaltung
  • Relationsverwaltung
  • Collections

Versionierung

Versionierung für Inhalte vorhanden (Änderungshistorie pro Datensatz)

Aktualität & Community

Release-Zyklen

  • Kontinuierliche Updates
  • Mehrere Minor-Releases pro Jahr

Entwickler-Community

  • Aktiv auf GitHub und Slack-Community
  • Über 20.000 Sterne

📖 Dokumentationsqualität

Sehr gute API-Referenz, Tutorials und Self-Hosting-Guides

Zielgruppe

Startups

Ideal, wenn bereits eine Datenbank vorhanden ist und schnell APIs benötigt werden

Agenturen

Schnelle Umsetzung von Projekten ohne neues CMS-Schema

Konzerne

Für Datenzentren und API-Gateways geeignet

Content-Heavy-Projekte

Besonders stark, wenn Inhalte aus bestehenden Systemen integriert werden müssen

Entwicklerteams

Passt zu Teams mit SQL-Expertise

Beispiele & Use Cases: Wo Directus seine Stärken ausspielt

🏆 Marken setzen auf Directus

Tripadvisor nutzt Directus für interne Content-Management-Workflows, wo große Datenmengen aus verschiedenen Quellen zusammenlaufen.

Atlassian setzt Directus in bestimmten Projekten ein, um bestehende Datenbanken mit modernen APIs zu versehen.

Bose verwendet Directus für Produktdatenmanagement und Multi-Channel-Publishing.

Typische Projekt-Szenarien

Legacy-Datenbank modernisieren
Ein Unternehmen hat eine 10 Jahre alte MySQL-Datenbank mit Kundendaten, Bestellhistorie und Produktinformationen. Verschiedene alte Systeme greifen darauf zu. Jetzt soll eine moderne Website und mobile App gebaut werden – aber die Datenbank darf nicht migriert werden. Directus wird installiert, liest die Struktur aus und generiert automatisch APIs. Alte Systeme laufen weiter, neue Frontends greifen auf die gleiche Datenbank zu.

Multi-System-API-Hub
Ein Konzern hat Daten in verschiedenen SQL-Datenbanken verteilt: CRM, ERP, Produktkatalog. Mit Directus werden alle Datenbanken mit APIs versehen, ein zentrales Dashboard ermöglicht übergreifende Analysen und Content-Pflege.

Schnelles Prototyping mit eigener Datenbank
Ein Startup will ein MVP bauen und braucht schnell ein Backend. Statt alles von Grund auf zu coden, wird eine PostgreSQL-Datenbank aufgesetzt, die Struktur definiert, und Directus generiert sofort REST/GraphQL-APIs plus Admin-Interface. Das Team kann sich auf das Frontend konzentrieren.

Headless CMS für Content-Teams ohne CMS-Umstellung
Eine Agentur betreut einen Kunden, der bereits eine SQL-Datenbank für Inhalte hat (z.B. aus einem alten Custom-CMS). Mit Directus bekommt das Content-Team ein modernes Interface, ohne dass die Datenbank migriert werden muss.

Konkretes Beispiel: Museum mit historischen Daten

Ein Museum hat eine PostgreSQL-Datenbank mit 50.000 Exponat-Einträgen, gesammelt über 20 Jahre. Die Daten sind komplex: Künstler, Epochen, Kategorien, Bilder, Provenienz-Informationen.

Herausforderung: Eine neue Website und eine Museums-App sollen gebaut werden. Aber die Datenbank kann nicht migriert werden – zu viele interne Tools hängen dran.

Lösung mit Directus:

  1. Directus wird über die bestehende PostgreSQL-Datenbank gelegt
  2. Die Tabellen werden automatisch erkannt
  3. Relationen (Künstler → Werke, Epochen → Werke) werden im Admin-Interface konfiguriert
  4. Das Museum-Team bekommt ein modernes Interface zum Pflegen der Daten
  5. Die neue Website (Next.js) und App (React Native) greifen per GraphQL auf die Daten zu

Resultat:

  • Keine Daten-Migration nötig
  • Alte interne Tools laufen weiter
  • Neue digitale Kanäle können bedient werden
  • Content-Team kann eigenständig arbeiten

Kosten:

  • Self-Hosted Directus: 0 USD (Open Source) + 20 USD/Monat Hosting
  • Entwicklung Website + App: 40.000-60.000 EUR

Meine Empfehlung

Stärken

  • Keine proprietäre Datenbankstruktur – vollständige Datenhoheit
  • Automatisch generierte REST- und GraphQL-APIs
  • Flexibel und leichtgewichtig, ideal für bestehende Datenbanken
  • Gute Versionierungsfunktionen

Schwächen

  • Keine eigene Content-Modeling-Logik wie bei Strapi – alles hängt von der Datenbank ab
  • Einarbeitung in SQL-Struktur erforderlich
  • Weniger Plugins/Erweiterungen als bei Strapi

Empfehlung

Directus ist die perfekte Wahl, wenn in deinem Projekt bereits eine SQL-Datenbank existiert oder du volle Kontrolle über das Datenbankschema behalten möchtest. Es schließt die Lücke zwischen Datenbank und Frontend und macht aus strukturierten Daten sofort nutzbare APIs – ohne dass du eine eigene CMS-Logik aufbauen musst.

Im nächsten Artikel der Serie sehen wir uns mit Contentful einen der bekanntesten SaaS-Vertreter im Headless-Bereich an – mit starkem Fokus auf Enterprise-Features und weltweite Skalierbarkeit.


Weiterführende Informationen

Offizielle Ressourcen:

Community & Support:

Datenbank-Integration:

Directus beweist: Manchmal ist die beste API die, die automatisch aus deinen Daten generiert wird!